„Ein Pressefoto von der Aufführung“
Musik aus hunderten Kehlen beim Kindersingfest der Evangelischen Kirchen in Hessen und Nassau in Worms
Von Helmut Weick
WORMS - Mehrere Hundert Teilnehmer kamen am Samstag zum „Kindersingfest“ der Evangelischen Kirche in Hessen und Nassau (EKHN). Den Höhepunkt bildete dabei ein Kindermusical in der proppenvollen Dreifaltigkeitskirche. Den ganzen Tag über standen dabei altüberlieferte Luther-Lieder, aber auch moderne Interpretationen im Fokus. Ein überaus schwungvoller Beitrag zum Reformationsjubiläum.
So etwas erlebt auch die kulturell pulsierende Dreifaltigkeitskirche nicht alle Tage. Aus allen Teilen der Evangelischen Kirche in Hessen und Nassau waren Kinder und Jugendliche nach Worms gekommen, um gemeinsam zu singen und zu musizieren. Es kamen Gruppen aus dem Westerwald, dem Taunus, von der Mainspitze und natürlich aus Rheinhessen und der Region Bergstraße-Odenwald. Aber wie lenkt und leitet man eine derart große und temperamentvolle „Rasselbande“? Dieser nicht ganz einfachen Aufgabe hatte sich Ursula Starke vom Zentrum für Verkündigung der EKHN zu stellen, und sie tat es mit Bravour.
DARUM GEHT’S
Die Geschichte des Musicals „Hör auf dein Herz“ handelt von den beiden rivalisierenden Brüdern Gero und Konrad von Hartenstein. Gero hat seinen Bruder in die Pfanne gehauen. Um einer Bestrafung zu entgehen, reißt er von zu Hause aus.
Bei seiner Flucht trifft Gero auf Clara, die ihn davor bewahrt, von Menschenhändlern verschleppt und versklavt zu werden. Gero flüchtet mit Clara heimlich auf ein Segelschiff. Dort werden sie von den Matrosen entdeckt. Es kommt ein mächtiger Sturm auf.
Nur mit allergrößter Mühe können die Matrosen ihr Schiff über Wasser halten. Gero und Clara helfen fleißig dabei mit, was den Kapitän und seine Leute beeindruckt. Die beiden „Blinden Passagiere“ werden danach an Land und in Sicherheit gebracht. Ein Happy End also.
Bereits beim gemeinsamen Warm-up in der Dreifaltigkeitskirche zog Starke so ziemlich alle Register. Mit viel Herzblut und Sensibilität wurden die Mädchen und Jungen, aber auch viele mitgereiste Erwachsene auf den Tag eingestimmt. Bemerkenswert locker gelang es der Singfest-Organisatorin, auch noch den letzten Hauch von Aufregung und schüchterner Zurückhaltung zu vertreiben. Ihre „Lockerungsübungen“ kamen an. Es wurde gesungen, feste mit den Füssen getrampelt, geseufzt und geklatscht. Jegliche „Miesepeter-Stimmung“ wurde geradezu weggepustet. Damit einher gingen bereits die ersten Stimmübungen des Tages.
Diese Aufwärmphase wurde nur kurz unterbrochen, um das einzige offizielle Grußwort des Tages zu ermöglichen. Ulrike Scherf, die stellvertretende Kirchenpräsidentin aus Darmstadt, trat ans Mikrofon und zeigte sich von der angenehmen und geradezu mitreißenden Atmosphäre sichtlich angetan. Scherf dankte allen Teilnehmern und dem Organisationsteam mit den Worten: „Singen vermittelt überall Lebensfreude.“
Es herrscht den ganzen Tag eine ansteckende Freude
Singen vermittelt aber auch Glauben. Bereits Martin Luther wusste: „Was wir singen, geht uns zu Herzen.“ Es kam nicht von ungefähr, dass viele Lieder des Kindersingfestes von Frieden, Gerechtigkeit und Vertrauen kündeten. Ulrike Scherf bescheinigte dem Kindersingfest eine geradezu „ansteckende Freude“.
Dekanatskantorin Ellen Drolshagen hatte mit den Kindern und Jugendlichen das Luther-Lied: „Die beste Zeit im Jahr ist mein“ einstudiert. Ein breit gefächertes, musikalisches und kreatives Angebot gab es bei den anschließenden Workshops. Hier ging es um Stimmbildung und um schlichte Freude an Gemeinschaft. Es wurden Mini-Bibeln und wohlriechende Salben hergestellt und aus Wasserschläuchen Fanfaren gebastelt. Mit diesen wurde dann den Besuchern des abschließenden Kindermusicals am Eingang der Dreifaltigkeitskirche erst mal der Marsch geblasen. Das Musical „Hör auf dein Herz“ war von Ursula Starke sowie Birgit Behre und Jutta Marth-Steckenreuther initiiert worden. Starke kreierte die Texte für das musikalische Märchen. Viel Beifall gab’s auch für Lukas Schopf, der die Musik dazu auf Basis von authentischen Luthertexten geschrieben hatte. Es wurden altüberlieferte Zitate des Reformators, aber auch neue Texte und neue Melodien eingebaut. Eine Mixtur, die das Singspiel lebendig, dramatisch und anrührend machte.
Die rund 50 Mitwirkenden sorgten in ihren Kostümen für ein farbenfrohes Bild. Herausragend und beeindruckend dabei: die gesangliche Leistung von Beatriz Ferrer-Roth als Clara. Eine siebenköpfige Band begleitete das Stück, bei dem Birgit Behre Regie führte und Ursula Starke die Gesamtleitung innehatte. Diese konstatierte am Ende: „Wir wollten den Kindern heute keinen Geschichtsunterricht in Sachen Martin Luther erteilen, sondern aufzeigen, um was es Luther im Wesentlichen ging.“ Seine Botschaft und sein mutiges Bekenntnis seien bleibend aktuell.